Diakonie als Arbeitgeber und evangelischen Wohlfahrtsverband

Diakonie als christlicher Arbeitgeber

Kommentar zu “Diakonie kürzt in NRW Entlohnung für Pflegehilfskräfte” .
06.08.2012 15:52 | Politik + Gesellschaft, von Helmut Albert Walther“Die in der deutschen Presselandschaft vor einigen Tagen gemeldete Mitteilung die Entlohnung für Hilfskräfte in der Pflege im Bereich der Diakonie von Rheinland-Westfalen zu kürzen, ist in der Öffentlichkeit kaum registriert worden. Trotzdem ist sie einige Bemerkungen wert.Gerade in Zeiten, in denen es offensichtlich immer schwerer für einen normalen Arbeitnehmer wird mit seinem Lohn den ausreichenden Unterhalt für seine Familie zu verdienen, in denen immer mehr Menschen zusätzlich zu ihrem Verdienst die Hilfe des Staates in Form von Harz IV in Anspruch nehmen müssen, ist eine Meldung über Lohnkürzungen nachfragenswürdig.Die Diakonie in Deutschland hatte eigentlich schon vor vielen Jahren ihre bis dahin bestehenden sogenannten Leichtlohngruppen abgeschafft, da sie ihr als unsozial und ungerechtfertigt vorkamen. Dies war seinerzeit ein Erfolg und nicht wenige der Dienstgeber innerhalb dieses großen Verbandes brüsteten sich damit. Nun werden diese Leichtlohngruppen also wieder eingeführt.An dieser Stelle muß das Verständnis des Begriffs Dienstgeber erläutert werden. Die Diakonie versteht sich nicht als normaler Arbeitgeber. Bezug und Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche und dem christlichen Glauben begründet bei ihr ein besonderes mitmenschliches Verhältnis zu den Menschen, die bei ihr und durch sie unterstützt und in ihren Einrichtungen gepflegt werden aber auch für diese Dienstleistungen am Menschen bei ihr angestellt sind. Von daher sollen sich alle am Arbeitsprozeß innerhalb der Diakonie Beteiligten im Dienst für den Menschen verstehen. Der Dienstgeber und der Dienstnehmer sind daher die logische Konsequenz dieses Gedankenkonstrukts. Die Entlohnungen werden deshalb auch nicht im Gegenüber von Arbeitgebern und Arbeitnehmern wie sonst üblich, sondern durch eine Arbeitsrechtliche Kommission verhandelt und beschlossen.

Dies ist der Dritte Weg – sehr zum Verdruß der Gewerkschaften. Sie bleiben nämlich dabei draußen vor. Diese, zu menschlicher Zuneigung und christlicher Liebe verpflichtete arbeitsrechtliche Kommission in NRW, hat jetzt beschlossen, ihren Mitarbeitern mit einfacher bewerteten Tätigkeiten weniger zu

bezahlen. Dabei sind das oft Tätigkeiten, die wesentlich mehr körperliche Anstrengungen verlangen als z.B. die Büroarbeit. Alte und kranke Menschen aus ihrem Bett zu heben, sie umzulagern, Reinigungsarbeiten in Alten- und Behindertenheimen, in einer heißen und feuchten Großküche schmutziges Geschirr zu spülen – das sind Arbeiten, die viel Kraft verlangen und auf Dauer einen Menschen auslaugen. Und sehr oft sind dies Tätigkeiten, die nur als Teilzeitstellen vergeben werden. Wie soll ein Mensch davon leben, oder gar eine Familie unterhalten? Für viele dieser Mitarbeiter ist eine
Ergänzung ihres Verdienstes durch Harz IV die einzige Rettung. Kann dies auch im Interess des Staates sein?Bezüglich des großen diakonischen Verbandes muß erlaubt sein, hier nach dem Verbleib der christlichen Nächstenliebe für seine nun lohngeschmälerten Mitarbeiter zu fragen.Wo bleibt sie, wo bleibt die Glaubwürdigkeit, die Identität zwischen von den Kanzeln der evangelischen Kirchen gepredigtem Anspruch und der rauhen Wirklichkeit des christlichen Glaubens in den diakonischen Einrichtungen in NRW ? Aber nicht nur der Diakonie sind diese kritischen Fragen zu stellen – obwohl wegen der besonderen Verpflichtung zu den christlichen Werten, im ganz besonderen Maße. Auch die Kranken- und Pflegekassen und letztlich dadurch auch der Staat, müssen sich hier kritisch hinterfragen lassen. Die Entgelte, die ein Altenheim, ein Krankenhaus und eine Behinderteneinrichtung für ihre Leistungen erhalten, werden in regelmäßigen Pflegesatzverhandlungen zwischen den Einrichtungsträgern und den Verbänden der Krankenkassen verhandelt. Mehr als hier verhandelt wird, können auch die diakonischen Einrichtungen für ihre Mitarbeiter nicht ausgeben. Es ist es eine Frage der Gewichtung, der Wertschätzung, die unsere Gesellschaft diesem Bereich unseres sozialen Lebens, unseres Miteinanders zuweist.Es ist aber auch eine Frage der Volkswirtschaft: Wo soll es volkswirtschaftlich hinführen, wenn immer mehr notwendige Dienstleistungen so gering entlohnt werden, daß ein Mensch davon nicht mehr leben kann und Vater Staat durch Harz IV dazu legen muß.Also geht es uns alle an!